Genuss und Gelassenheit in der Toskana – Reise nach Radicondoli

Schon die Anfahrt war ein Erlebnis: Die Straße schlängelt sich durch silbrig schimmernde Olivenhaine, vorbei an alten Bauernhäusern, in denen die Katzen in der Sonne dösen. Je näher man Radicondoli kommt, desto deutlicher spürt man diese unverwechselbare toskanische Ruhe – ein Gefühl, das zwischen warmem Licht, Duft von Rosmarin und dem Zirpen der Zikaden schwebt.

Radicondoli liegt in  einem Teil der Toskana, in die man nicht zufällig kommt. Man muss diese Reise schon planen.

Der kleine Ort  liegt eingebettet in einer Landschaft, die einem Gemälde von Leonardo da Vinci entsprungen scheint. Enge, kopfsteingepflasterte Gassen führen durch das Dorf, vorbei an alten Steinhäusern, kleinen Handwerksläden und gemütlichen Trattorien. Für die kurvige Anfahrt werden wir mit einer  Zeitreise ins vorige Jahrhundert belohnt . In Radicondoli ticken die Uhren langsamer , über allem liegt Gelasseneheit und man spürt die innere Zufriedenheit der Einwohner. 

Radicondoli verfügt über insgesamt zwei Bars, drei Restaurants, zwei Lebensmittelgeschäfte, eine Bäckerei, einen Fleischhauer, einen Friseur, ein Postamt, einen freiwilligen Krankenwagenservice, das kleinste Theater Europas (67 Plätze)  und die freundlichsten Menschen, die man sich vorstellen kann. 

Mein Mann und ich starteten jeden Tag  mit einem Espresso und einem Croisssant im Caffé Nazionale,  das “Dorfleben” geniessend. Nachdem gefühlt alle Einwohner für ein paar Minuten im Café auf einen kleinen Plausch eingekehrt waren – wobei bei einigen aus den Minuten eine halbe Stunde oder länger wurde – gönnte sich  dann um 10.30 Uhr   der örtliche Polizeichef  seinen Espresso ristretto.  Nach einigen Tagen in Radicondoli hatten wir das Gefühl, nach seinen Besuchen schon die Uhr stellen zu können. Genau gegenüber befindet sich die kleine  lokale Apotheke, ein weiterer Anziehungspunkt und Treffpunkt zum Austausch der wichtigsten Neuigkeiten des Tages. 

Um jetzt alle Missverständnissen auszuräumen: in Radicondoli wird nicht nur Espresso getrunken,  sondern auch viel gearbeitet. Eben nur mit dem gewissen italienischen Lebensgefühl . 

Was viele Besucher nicht wissen: Die Gegend um Radicondoli liegt über einem der ältesten geothermischen Felder Europas. In der Ferne steigen manchmal weiße Dampfwolken auf – kein Rauch, sondern Dampf aus den natürlichen Thermalquellen, die seit  den Zeiten der Römer genutzt werden. .

Ein Besuch der Geothermie-Anlagen von Larderello (etwa 40 Minuten entfernt) ist beeindruckend: Hier sieht man, wie die Erde buchstäblich atmet. Der warme Dampf, der aus dem Boden entweicht, hat nicht nur die Landschaft geprägt, sondern auch die Menschen – viele Bauernhöfe und auch die Haushalte in Radicondoli selber  nutzen diese Energiequelle nachhaltig, um sehr günstig  zu heizen.